Schon deutlich vor dem Anlegemanöver sind wir wach und können somit die Hafeneinfahrt nach Keelung von unserem Balkon aus beobachten. Wir haben heute Glück, denn unser Liegeplatz befindet sich direkt gegenüber dem Bahnhof, die nach uns kommende Serenade of the Seas muss an der Pier auf der anderen Seite festmachen, da ist der Fußweg zum Bahnhof schon deutlich länger. Das Wetter ist etwas bescheiden: es nieselt immer wieder, ist windig und die 20 Grad fühlen sich nicht gerade warm an. Egal, wir wollen die Hauptstadt Taiwans, Taipeh, besuchen, kaufen uns im Bahnhof am Automaten die mit umgerechnet 1,20 Euro/Person echt günstige Fahrkarte und kriegen noch den Zug um 07.44 Uhr. Da dieser ein Bummelzug ist und somit an jeder Haltestelle anhält, dauert es eine knappe Dreiviertelstunde, bis wir am Hauptbahnhof von Taipeh aussteigen können. Dort ziehen wir am Automaten eine Tageskarte für die Metro und mit dieser geht es dann zur der ersten Sehenswürdigkeit, der Chiang Kai-Shek Memorial Hall. Dieses Wahrzeichen liegt in einem weitläufigen Gelände, ist beeindruckende 70 Meter hoch und wurde zu Ehren des umstrittenen Generalissimus Chiang Kai-shek errichtet, der einst Präsident der Republik China war. Wir erklimmen die 89 Stufen hinauf in die Haupthalle, die Zahl steht übrigens für das Todesalter Chiang Kai-sheks. Eine riesige Statue des ehemaligen Diktators, die von Militär bewacht wird, gibt es dort zu sehen und auch ein Blick an die reich verzierte Decke lohnt sich. Bis zur immer zur vollen Stunde stattfindenden Wachablösung ist es noch lange, daher nehmen wir erneut die Metro und fahren zur Chifeng Street. Diese diente früher hauptsächlich dem Verkauf von Autoteilen und Hardware, heute findet man hier Cafés, das Kunstmuseum und einige Restaurants. Wir erreichen den Bereich zwischen Chifeng Street und Chengde Road am späten Vormittag und wundern uns: es ist rein gar nichts los, teilweise sind Geschäfte noch nicht offen oder ganz geschlossen. Die altern Häuser sind ganz nett anzusehen, mehr aber auch nicht. Zu Fuß laufen wir daher weiter in Richtung Dadaocheng Street, eine der ältesten Straßen in Taiwan. Hier im einen der ältesten Viertel der Stadt gefällt es uns schon besser. Das Gebiet wurde im 19. Jahrhundert entwickelt, um Taiwans blühendes Tee-Handelsgeschäft zu unterstützen und besteht aus kleinen engen Gassen mit Boutiquen, Textilien, Marktständen und Cafés. Und auch das Wetter wird besser, es regnet nicht mehr und die Sonne zeigt sich immer mal wieder. Beste Voraussetzungen also, um DAS Wahrzeichen von Taipeh zu besuchen: den 508 Meter hohen Wolkenkratzer Taipeh 101. Mit der Metro erreichen wir den jadegrün verglasten bambusförmigen Turm, der nach seinem Standort und der Anzahl seiner Stockwerke benannt ist und bis 2007 das höchste Gebäude der Welt war. Unsere Eintrittstickets bekommen wir per Zahlung mit Kreditkarte am Automaten und nach nicht allzu langer Wartezeit fahren wir im Aufzug in wenigen Sekunden zur Aussichtsplattform in der 89. Etage. Dort haben wir nicht nur eine gute Sicht auf die City und die Umgebung, wir können auch die 660 Tonen schweren Metallkugeln bewundern. Diese sind notwendig, um Schwingungen zu dämpfen und auszugleichen, denn die Region hier gehört mit den zu den erdbebenreichen Regionen der Welt. Was sich dann leider 4 Tage später zeigte, denn da wurde Taiwan von einem der schwersten Erdbeben erschüttert!
Bevor wir mit Metro und dem Zug zurück nach Keelung fahren, bummeln wir noch durch die zum Taipeh 101 gehörenden weitläufigen Einkaufsmall mit Designerläden und Lebensmittelgeschäften. Am späten Nachmittag sind wir zurück an Bord der Mein Schiff 5, die dann um 18.00 Uhr den Hafen von Keelung mit Ziel Südkorea verlässt. In der Nacht werden die Uhren 1 Stunde vorgestellt, was aber angesichts der zwei vor uns liegenden Seetagen nun gar nicht schlimm ist.